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Pressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Präsidenten des ZDHs, Wollseifer: Wettbewerbsfähigkeit und die Resilienz der Wirtschaft

WirtschaftPressekonferenz von Bundeskanzler Scholz und dem Präsidenten des ZDHs, Wollseifer: Wettbewerbsfähigkeit und die Resilienz der Wirtschaft

Pressekonferenz zum Münchener Spitzengespräch der Deutschen Wirtschaft und Besuch auf der Internationalen Handwerksmesse am 8. Juli 2022

München. Wollseifer: Meine Damen und Herren! Ich glaube, noch nie war das Gespräch mit dem Bundeskanzler so wichtig wie in dieser Zeit. Das ist eine Zeit, in der nur Wirtschaft und Politik gemeinsam die anstehenden Aufgaben, Probleme und Herausforderungen bewältigen können.

Wir hatten in unserem Gespräch einige Themen und auch einige Fragen, die uns auf der Seele brannten. Wir haben uns über die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit und auch über die Resilienz der Wirtschaft unterhalten. Was uns weiter auf der Seele brannte, waren Planungs- und Genehmigungsverfahren, die wir deutlich beschleunigen müssen, und natürlich auch die Frage, die das Handwerk ganz besonders interessiert, nämlich der Fachkräftemangel. Der Herr Bundeskanzler hat die Fragen sehr tiefgreifend beantwortet. Wir sind auch zu der einen oder anderen Lösung gekommen. Herr Bundeskanzler, vielleicht können Sie das verdeutlichen.

BK Scholz: Schönen Dank für die Gelegenheit, zu dem Münchener Spitzengespräch dazuzukommen. Das ist eine lange Tradition, die wir in diesem Land haben.

In der Tat: Wir sind in einem ganz besonderen Moment unserer Geschichte zusammengekommen. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat vieles verändert und den Frieden in Europa gefährdet, indem ein Land seinen Nachbarn überfällt und versucht, einen Teil des Territoriums oder vielleicht das ganze Land zu erobern. Das ist etwas, was wir vereinbart hatten, in unserer Welt nicht mehr geschehen zu lassen. Dass es doch passiert, gefährdet den Frieden. Dies hat dramatische Konsequenzen in der ganzen Welt, wie wir wissen, aber auch bei uns.

Deshalb ist es wichtig, dass wir uns mit den Herausforderungen beschäftigen, die daraus erwachsen. Eine davon ist die Frage der Energiesicherheit. Wir haben sehr viele sehr weitreichende Entscheidungen getroffen, um uns darauf vorzubereiten, dass es mit der Energieversorgung knapp werden könnte. Damit haben wir schon vor dem Krieg begonnen, weil die Gefahr ja absehbar war. Das gilt für die Frage: Können wir unsere Kohle- und unsere Ölversorgung auch ohne russische Importe organisieren? Beides ist möglich und für den Herbst und das Jahresende angepeilt, sodass wir die Voraussetzungen dafür geschaffen haben.

Was Gas betrifft, haben wir bewusst keine Sanktionen im Hinblick auf diese Frage verhängt, sondern gesagt: Wir werden gleichzeitig zu den Importen, die in vielen Ländern Europas, aber auch in Deutschland unverändert notwendig sind, dafür sorgen, dass wir Infrastrukturen aufbauen, mit denen wir Gas aus aller Welt importieren können ‑ mit Flüssiggasterminals an der norddeutschen Küste und mit Pipelines, die errichtet werden. Das ist jetzt im Gange. Wir werden in nie gekanntem Tempo versuchen, diese Dinge zustande zu bringen.

Wir haben Vorschriften erlassen, die dazu führen, dass wir Gas einspeichern ‑ viel mehr als in den letzten Jahren. Wir sind auch schon viel weiter als in den letzten Jahren und werden das weiter tun. Wir haben dafür gesorgt, dass jetzt auch Kraftwerke, die Kohle verwenden, wieder eingesetzt werden, damit wir Gas in diesem Jahr sparen. Das alles zusammen soll neben all dem, was wir tun, dazu beitragen, dass wir die Energiesicherheit gewährleisten können.

Das ist aber auch ein Hinweis dafür, dass wir sehr viel tun müssen, um die große Transformation zustande zu bringen, die unsere Wirtschaft modernisiert. Dabei spielt die Energieerzeugung eine zentrale Rolle. Unser Ziel ist: 2045 wollen wir CO2-neutral sein. Das bedeutet, wir müssen mit der Windkraft auf hoher See und an Land, der Solarenergie und all den anderen Möglichkeiten, die sich mit Biogas und anderem verbinden, dafür Sorge tragen, dass wir eine CO2-neutrale Wirtschaft haben. Auch viele wirtschaftliche und industrielle Prozesse müssen sich ändern. Die brauchen dann noch mehr Strom aus erneuerbaren Quellen, als wir heute überhaupt produzieren.

Dieses ehrgeizige Ziel, genauso wie wir jetzt mit Tempo neue Terminals an der norddeutschen Küste errichten, wollen wir schaffen, indem wir alle Gesetze ändern, die dazu notwendig sind, damit in größter Geschwindigkeit all das errichtet und geschaffen werden kann. Gerade diese Woche hat der Deutsche Bundestag dazu wieder weitere notwendige Gesetze beschlossen. Wir werden so weitermachen. Mein Ziel ist: Wir werden uns den Schneid nicht abkaufen lassen. Wir werden für diese Beschleunigungsgesetze nicht zwei Jahre brauchen, sondern wir werden alles in diesem Jahr auf den Weg bringen, damit es auch tatsächlich etwas wird. Unsere ehrgeizigen Ziele können nur mit größtem Tempo erreicht werden.

Das ist auch die Frage, die wir hier sehr sorgfältig erörtert haben. Tempo ‑ darauf kommt es bei diesen Fragen, aber auch bei vielen anderen Genehmigungsprozessen an. Ich habe versichert, dass wir das machen werden.

Wir sind hier auf einer Handwerksmesse. Ich will deshalb noch einmal sagen, dass meine feste Überzeugung ist, dass das deutsche Handwerk von größter Bedeutung für die Zukunft unseres Landes ist. All das, was wir uns vorgenommen haben ‑ die Wohnungen, die gebaut werden sollen, die Gebäudesanierungen, die jetzt notwendig sind, die Anlagen für die erneuerbaren Energien, die errichtet werden sollen, die Leitungen, die wir schaffen müssen, damit der Strom von der einen Ecke zur anderen kommt ‑, setzt Handwerk voraus, und zwar qualifiziertes Handwerk mit größter Beruflichkeit.

Gleichzeitig ist das Handwerk nicht nur ein Traditionsbereich unserer Volkswirtschaft, sondern auch einer der innovativsten Bereiche. Einmal hier auf der Messe herumzugehen und ein paar der Objekte zu sehen, zeigt: Es geht immer auch um großen Fortschritt. Technischer Fortschritt findet bei unseren großen weltweit bekannten Unternehmen, aber auch im deutschen Handwerk statt. Dass das alles zusammenkommt, das ist eine gute Sache.

Letzte Bemerkung: Wir haben uns natürlich auch über steigende Preise unterhalten. Das ist eine große Herausforderung für viele Bürgerinnen und Bürger, die keine Rücklagen haben, aber auch für viele Unternehmen. Auch viele von ihnen haben keine Rücklagen, um mit plötzlichen dramatischen Preissteigerungen, was Rohstoffe, Zulieferung und Energiepreise betrifft, umgehen zu können.

Deshalb will ich allen sagen: Es bleibt nicht dabei, dass wir zwei Pakete zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger sowie der Wirtschaft von knapp 30 Milliarden Euro auf den Weg gebracht haben. Wir werden das fortsetzen und haben deshalb die „Konzertierte Aktion“ auf den Weg gebracht, so wie das in den 70er-Jahren schon einmal funktioniert hat, damit wir miteinander besprechen, wie wir sicherstellen können, dass wir alle gut und sicher durch diese Zeit kommen.

Dass wir das hier miteinander bereden und wir das innovative Traditionshandwerk in Deutschland ein bisschen betrachten konnten, ist eine gute Sache. Ich freue mich, dass ich heute hier sein kann.

Frage: Hallo, Herr Scholz! Wenn man mit den Handwerkern auf der Messe und auch mit vielen Betrieben spricht, dann stellt man fest, dass die sich natürlich Sorgen machen, was den Herbst angeht, ob dann noch ausreichend Gas vorhanden ist. Es gibt ein bisschen die Befürchtung in Bezug auf einen Wettstreit zwischen Industrie und Handwerk: Wer bekommt das Gas? ‑ Wie kann man so einem Wetteifern vorbeugen?

BK Scholz: Wir haben, wie ich eben schon gesagt habe, bereits mit dem Vorbeugen begonnen, als ich Kanzler wurde. Ich habe im Dezember den Wirtschaftsminister, die Bundesnetzagentur und auch andere zusammengerufen und mit ihnen angefangen zu sprechen: Was machen wir eigentlich, wenn wir in Mangellagen kommen? ‑ Das war gut, weil wir, als der Krieg dann begann, loslegen konnten, weil wir alles schon überlegt hatten. Beispielsweise konnten wir sofort Schiffe ordern, die Flüssiggas transportieren, das man zu Gas verarbeiten kann, das dann in unseren Pipelines weitertransportiert wird. Wir konnten entscheiden, diese Pipelines zu bauen. Wir konnten Gesetze auf den Weg bringen, mit denen dies jetzt mit großer Geschwindigkeit geschieht. Wir haben Gesetze zum Einspeichern erlassen. Wir haben staatliche Milliarden eingesetzt, um dafür zu sorgen, dass die Speicher voll sind, und machen das auch weiter. Wir haben Gesetze erlassen, die es uns jetzt ermöglichen, statt Gas Kohle zu verbrauchen. Wir werden weiter auf diesem Weg gehen.

Außerdem bereiten wir uns auf die Mangellage vor, was man machen kann. Wir versuchen, auch Unternehmen zu identifizieren, die freiwillig weniger verbrauchen würden, und zwar mit Incentives, die wir ihnen dafür geben, damit die anderen dann ungehindert ihrer Tätigkeit nachgehen können. Das kann auch für viele Betriebe der Punkt sein, an dem sie ganz konkret sehr schnell in Energiespartechniken investieren und damit sich selbst und vielen anderen helfen. Das ist ein Teil unserer Lösung.

Ich will auch sagen: Wir kümmern uns auch darum, dass es nicht dazu kommt. Wie Sie gesehen haben, haben wir gute Gespräche mit der kanadischen Regierung begonnen ‑ ich habe schon in Elmau sehr sorgfältig damit angefangen ‑, damit wir sicherstellen können, dass alle Voraussetzungen dafür vorhanden sind, dass es jedenfalls keine guten Gründe gibt, dass der Gastransit nicht stattfindet.

Frage: Herr Bundeskanzler, was sieht die Regierung vor, um Uniper unter die Arme zu greifen?

BK Scholz: Wir haben uns auf alle Fälle politisch entschieden, dass wir Uniper helfen werden. Darauf kann sich das Unternehmen, darauf kann sich die Belegschaft, aber darauf können sich auch alle in Deutschland verlassen, die wissen, dass das ein Unternehmen ist, das für die Versorgung großer Teile der Wirtschaft und vieler Verbraucherinnen und Verbraucher eine große Bedeutung hat. Den konkreten Weg werden wir mit dem Unternehmen besprechen. Wir sind schon längst dabei. Das wird jetzt noch einmal intensiviert. Alle können sicher sein: Wir werden unseren Beitrag leisten, um das Unternehmen Uniper zu retten.

Frage: Herr Scholz, auf der Messe wurde viel über den Fachkräftemangel und die Notwendigkeit einer Bildungswende gesprochen. Wie stehen Sie dazu, die Gleichwertigkeit von beruflicher und akademischer Bildung möglicherweise gesetzlich zu verankern?

BK Scholz: Ich glaube, es ist vor allem eine Veränderung in den Köpfen gefragt. Die berufliche Ausbildung, eine Ausbildung im Handwerk, eine Meisterausbildung vielleicht noch obendrauf, das ist gleichwertig mit einem Studium. Dies ist auch ein guter Lebensweg mit guten Aussichten, guten Einkommensperspektiven und viel Freude an der Arbeit. Die Beruflichkeit, die Deutschland so auszeichnet, dass wir stolz sind auf das, was wir leisten, dass wir es gut machen wollen, das ist eine Tradition, die aus dem deutschen Handwerk stammt und die unser Lebensbild weit über das Handwerk hinaus geprägt hat.

Ich finde, deshalb müssen wir alles dafür tun, dass sich junge Leute nach der neunten und zehnten Klasse, manchmal auch nach dem Abitur für einen Beruf im Handwerk entscheiden. Das hat auch etwas damit zu tun, dass wir es vor allem lange vor dem Ende der Schulzeit möglich machen, dass man Erfahrungen sammeln kann mit den vielen Berufen und den attraktiven Möglichkeiten, um sich selbst im deutschen Handwerk zu verwirklichen. Das wird eine Aufgabe sein, der sich die ganze Regierung zusammen mit den Ländern und all denjenigen widmet, die im Schulbereich tätig sind. Ich bin sicher: Das Handwerk hat eine gute Zukunft. Wer sich für eine Ausbildung im Handwerk entscheidet und seinen beruflichen Lebensweg dort fortsetzen will, der macht alles richtig.

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